Kirchenbild und Prophezeiung im Dienst der Poetik bei Heinrich Böll.

Aloysius.I. Orjinta.

Abstract


Die biblische Redewendung „ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande“ entspricht ausgezeichnet dem Fall Bölls. Meines Erachtens hat Heinrich Böll sein ganzes Leben der Prophetie gewidmet. Während er für die einen eine Prophetie von Düsterkeit und Schwermut vertritt, verstehen die anderen Böll als einen Propheten des Anderen. Hier stellt sich die Frage, ob die Prophezeiung im Dienst der Poetik den Humanismus Bölls pointierter vermitteln kann. Mit anderen Worten drängt sich die Frage auf, inwiefern die von Böll angewandte prophetische Sprache zielführend ist. So einer Frage muss man als Literaturwissenschaftler Beachtung schenken; andernfalls würde künstlerische Arbeit bzw. Literatur nur eine VIP-Betreuungsangelegenheit. Im zeitkritischen oder Tendenzroman soll der Schriftsteller seine Solidarität mit dem Humanismus zeigen

1.Einleitung.

Dabei soll  das Kirchenbild im Werk Heinrich Bölls untersucht werden. Böll hat viel gegen die Amtskirche polemisiert. Zunächst werde ich seine Kritik  untersuchen, danach werden seine Alternativen genauer erläutert. Anschließend werde ich analysieren, inwiefern  der Materialismus, die Doppelmoral und die Scheinheiligkeit der Kirche Katholiken – darunter auch das afrikanische Publikum – geprägt haben.

Religiöse bzw. kirchliche Einmischung in die Politik oder andersherum politische Einmischung in die Angelegenheiten der Religion oder Kirche sind nicht neu. Seit alters her waren Stammesführer sowohl die geistlichen als auch weltlichen Leiter ihrer Untertanen. So rechnet man einerseits mit einem theokratischen Staat und andererseits mit einem säkularen Staat. Gemeint ist ein Königreich oder ein Staat, der von Gott (oder Göttern) oder von Menschen regiert wird.  Nach Anderwitz (1991) vgl. Wapedia werden die  wichtigsten verwendeten (griechischen) Begriffe im Folgenden erklärt:

Theokratie ?????????, von ????, theós - Gott und ?????i?, Krat(e)ía- Herrschaft) ist eine Herrschaftsform, bei der die Staatsgewalt allein religiös legitimiert und von einer (in der Sicht der Anhänger der Staatsreligion) göttlich erwählten Person (gottberufener Prophet, gottbegnadeter König, usw.), einer Priesterschaft (Klerus) oder sakralen Institution (Hierokratie) auf der Grundlage religiöser Prinzipien ausgeübt wird. Ein auf der Theokratie basierender Staat wird auch als Gottesstaat bezeichnet.

Im alten Ägypten und unter den Königreichen Afrikas sowie im antiken Griechenland, dem Vatikan-Staat und den Kaisereichen Chinas und Japans war eine theokratische Herrschaft selbstverständlich. Bis vor der Kolonialzeit hielt sich diese Form der Herrschaft in Afrika hartnäckig. Die extremste Version der Theokratie war der Gott-Kaiser-Kult der antiken Römer: Hier wurde der Kaiser quasi als Gott verehrt. Die Verfolgung der Juden und Christen lag hauptsächlich an ihrer Ablehnung, den Kaiser, sei er babylonisch oder römisch, als Gott anzuerkennen. Durch das Toleranzedikt von Mailand (313 n.Chr.) wurde das Christentum allerdings allmählich zur Staatsreligion, wobei der ins Christentum konvertierte Konstantin den Gottkaiser-Kult durch den Cäsaropapismus ersetzte. Zwar hatte Konstantin auf den Titel Pontifex Maximus verzichtet, als Ersatz wurde die Kirche dem Kaiser jedoch vollständig untergeordnet. So wurde eine Art Sacra Publica durch eine anderen Art Sacra Publica ersetzt. Religion sollte aber eigentlich Sacra Privata sein. Anderwitz (1991) vgl. Wapedia belegt diese Vorstellung:

Kaiser Konstantin I. leitete eine religiöse Wende ein. Er brach mit dem antiken Gottkaiser-Kult, nahm die christliche Religion an und wurde erster christlicher Kaiser der Geschichte. Theodosius I. erhob später das Christentum zur Staatsreligion des römischen Reiches. Die einst verfolgte Kirche wurde nun mit politischen Privilegien ausgestattet, welche die umfassende Ausbreitung des Christentums ermöglichten. Im Oströmischen Reich lebte der Kaiserkult jedoch in abgewandelter Form fort, indem der Kaiser sich nun als christlicher Priesterkönig (rex sacerdos) und sogar als Stellvertreter Christi auf Erden verstand, was einer der Faktoren in den zunehmenden Konflikten mit dem seinerseits immer monarchistischer eingestellten Papsttum war. Dieses erlebte seinen Macht-Höhepunkt bereits unter dem nach Universalherrschaft strebenden Innozenz III. (1198-1216).

Die Fürstbischöfe waren in diesem Zusammenhang die Ohren und Augen des römischen Cäsar-päpstlichen Kaisers, der ihnen Verwaltungstitel verliehen hatte. So taten sie in ihren Territorien genau das, was er weltweit tat(op. Cit.):

Auch die westlichen Kaiser seit Karl dem Großen verstanden sich - mancher mehr mancher weniger - als theokratisch. Das zeigte sich vor allem in der Praxis, Reichsbischöfe und -äbte ein- und abzusetzen (Investitur). Die Trennung zwischen geistlicher und lehnsrechtlicher Autorität bestand noch nicht im heute bekannten Maße, der Kaiser war sowohl oberster weltlicher als auch geistlicher Herrscher, zumal solange der Einfluss des Papsttums weltkirchlich noch überschaubar blieb. Referenz dieses Verständnisses war die Salbung, die die Gottgebundenheit des Herrschers darstellte. In der Zeitgenössischen Panegyrik wurden immer wieder Vergleiche zu biblischen Königen wie Salomo und David gezogen. Als die Perfektion der theokratischen Praxis wird das sogenannte ottonisch-salische Reichskirchensystem gesehen, dass unter Heinrich III. seinen Höhepunkt erreichte, der sogar Einfluss auf die Besetzung des heiligen Stuhls nahm. Die von ihm unterstützte kirchliche Reformbewegung bekämpfte allerdings im Investiturstreit mit Heinrich IV. diese Praxis und schuf mit der (kirchen-)rechtlichen Trennung von Spiritualien und Temporalien, ein Konstrukt, das den Kaiser nur auf die weltliche Autorität der Lehnsvergabe reduzierte. Nach dem Ende der des Investiturstreites setzte sich allerdings die kaiserliche Investitur, wie auch die Konflikte mit dem Papsttum, noch lange fort.

Mit der geistigen Entwicklung der abendländischen Gesellschaft zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert wurden die Exzesse und der totalitäre Machtmissbrauch dieser Fürstbischöfe in Frage gestellt. Es wurde herausgestellt, dass es unvernünftig und leichtsinnig sei, so viel Macht in einer Person zu vereinen. Aufklärung sollte sowohl dem Individuum, als auch der ganzen Menschheit zu Teil werden, was für die Frauen Womanismus bzw. Feminismus bedeutet. Immanuel Kant erklärte in der Berlinischen Monatsschrift (1784), was er unter Aufklärung verstand:

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstver-schuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Immanuel Kant betont in seinem Beitrag, dass die Menschen „besonders in religiösen Dingen“ ihre Vernunft ausnützen sollen. Dieser Fanfarenstoß Kants wurde in unserem Kontext von Heinrich Böll ein paar Jahrhunderte später wiederholt. Die Art und Weise der Forderung mögen nicht übereinstimmen, am Wichtigsten aber ist, dass Böll die Leichtsinnigkeit der Einmischung von Staat und Kirche oder – anders ausgedrückt – der ‚Verschwörung‘ der Amtskirche und des Staats gegen die kleinen Leuten pointiert veranschaulicht. Diese Stellungnahme bzw. dieser Humanismus dient der ganzen Menschheit: Mann, Frau und Kind sind ohne Ausnahme in der vorliegenden Arbeit ein Hauptanliegen des Womanismus. So eine Einstellung erwartet Böll auch von der Kirche. Um so eine Erwartung zu verwirklichen, bedarf es der Dienste eines Propheten

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ISSN (Paper)2224-5766 ISSN (Online)2225-0484

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